Wer Animationen zur Vermittlung von Wissen einsetzen möchte, ist überwältigt von der Menge der verfügbaren Tools und Formate. Dieser Artikel soll zeigen, worauf es bei der Auswahl aus Entwicklersicht ankommt.
Textbasiert vs. Grafikbasiert
Die Tools zur Entwicklung von Animationen können unterschiedlich funktionieren. Ganz grob gesagt gibt es textbasierte und grafikbasierte Tools. Bei einem textbasierten Tool werden die Informationen in Form von Texten, Zahlen, Formeln oder Programmierungen eingegeben. Die Ergebnisse werden später automatisiert in etwas Sichtbares umgesetzt. Man spricht auch von Rendern. Ein Beispiel sehen Sie gerade und nennt sich HTML/JavaScript. Das Prinzip einer Beschreibungssprache gibt es z.B. auch für Vektorgrafiken (SVG) oder 3D-Modelle (das leider noch recht unbedeutende X3D).
Im Gegensatz dazu haben grafikbasierte Tools in der Regel eine grafische Oberfläche, auf der man das Arbeitsergebnis unmittelbar betrachten kann. Diese Tools verfügen z.B. über Zeichen- und Modellierungsfunktionen und/oder eine Zeitleiste. Anstatt das Modell automatisch erzeugen zu lassen, ist man selbst derjenige, der das Modell gestaltet. Mit Grafikbasierten Tools hat jeder schon einmal gearbeitet, der am Computer etwas gemalt oder gezeichnet hat.
2D vs. 3D
Ein zweites Kriterium bezieht sich auf die Anzahl der Dimensionen. Soll der Inhalt zweidimensional oder dreidimensional dargestellt werden? Ein populäres 2D-Animationsprogramm wäre Adobe Animate (früher Adobe Flash). Die meisten Materialien auf dieser Webseite wurden mit Adobe Animate erstellt, was auch teilweise dem Zufall zu verdanken ist. Unter den 3D-Programmen wären z.B. Blender, POV-Ray oder 3DsMax, Maya und vielleicht 100 andere zu nennen.
Film oder Interaktion
Schließlich macht es auch einen Unterschied, ob Animationen als bloße Filme oder als interaktive Animationen erzeugt werden. Bei einem Film laufen die Vorgänge nach einem festen Drehbuch ab. Bei interaktiven Animationen gibt es Eingriffsmöglichkeiten. Man kann entweder 1) das Geschehen oder 2) die Darstellungsmodalität (Geschwindigkeit, Zoom usw.) verändern.
Die drei Katergorien 1) Text/Grafik, 2) 2D/3D und 3) Film/Interaktiv können auch vermischt auftauchen. Jedes Tool lässt sich in Bezug auf diese drei Kategorien grob analysieren.
Beispiel 1 – Blender 3D:
Text/Grafik: grafikbasiert
2D/3D: 3D
Film/Interaktiv: Film (und statische Grafiken)
Es existieren auch hybride Tools, wie z.B. Adobe Animate oder auch GeoGebra.
Beispiel 2 – GeoGebra:
Text/Grafik: Beides
2D/3D: 2D
Film/interaktiv: beides
Induktive und deduktive Methoden
Ob ein textbasiertes oder eine grafisches Werkzeug gewählt wird, hängt davon ab, ob die Animation nach einem induktiven oder einem deduktiven Verfahren entwickelt werden soll.
Bei der induktiven Entwicklung ist ein ständiges Betrachten und ggf. ein Abgleich mit einer Vorlage erforderlich. Es exisitert kein mathematisches Modell und die Gestaltungsentscheidungen hängen vom Augenmaß, der Erfahrung und/oder der Intuition ab.
Hier ein Beispiel zum induktiven Verfahren. Die folgende Animation veranschaulicht die Funktionweise einer Dampfmaschine. Grundlage ist die bekannte historische Abbildung.
Bei der induktiven Modellierung müssen oft sehr viele Gestaltungsentscheidungen getroffen werden, die erst nach Ausprobieren gefällt werden können.
Induktive und und deduktive Techniken können auch vermischt auftreten. Selbst bei der Darstellung einer nüchternen mathematischen Kurve sind z.B. noch Überlegungen zur Strichstärke, zur Skalierung und andere Faktoren leitend, die man nicht im Voraus treffen kann, es sei denn man ist sehr erfahren.
Falls die Anmation rein deduktiv entwickelt werden soll, eignet sich eher eine textbasierte Entwicklung. Hier wären die zahlreichen Programmiersprachen (JavaScript) und Beschreibungsprachen (SVG/HTML/CSS) zu nennen. Diese Werkzeuge eignen sich vor allem dann, wenn das Modell in hohem Maße durch Zahlen oder Algorithmen spzifiziert werden kann.
Das folgende Beispiel zeigt eine deduktive Modellierung. Ein Flügelprofil einer Windkraftanlage wurde hier schleifenbasiert automatisch generiert.
Es wird eine mathematisch Vorstellung in etwas Sichtbares umgesetzt. Deduktive Modelle sind inbesondere in der Mathematik, aber natürlich auch den naturwissenchaftlichen Disziplinen unabdingbar.
Induktives und deduktives Modellieren können eng miteinander verflochten sein, Selbst die Eingabe eines Zahlenwerts in ein Grafikprogramm ist streng genommen ein deduktives Entwickeln, weil ja hier zwischen Eingabe und dem Anschauuen des Ergebnisses eine gewisse Zeit vergeht.
Fazit
Die hier gezeigten 3 Kriterien bieten bei Ihrer Auswahl eine Orientierung.
Sowohl didaktisch und ökonomisch gesehen sollte dem einfacheren Verfahren der Vorzug gegeben werden, also induktiv statt deduktiv, 2D statt 3D und Film statt Interaktion. Zahlreiche Experimente aus der Lernforschung legen nahe, dass der Einsatz von komplexen Medien gut begründet sein muss, damit sich ein verbesserte Lernerfolg einstellt. Aber: wenn es rationale Gründe dafür gibt, das komplexeere Medium zu wählen, sollte man es tun.